Keine guten Vorschläge für die junge Generation
Bewertung der Kolpingjugend im Kolpingwerk Deutschland zum Abschlussbericht der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“
Ende März hat die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ Arbeitsminister Hubertus Heil einen 127-seitigen Bericht übergeben. Im Frühjahr 2018 hatte die Kommission ihre Arbeit aufgenommen. Sie hatte den Auftrag, Vorschläge für die Sicherung des deutschen Rentensystems ab 2025 zu erarbeiten. Dazu traf sich regelmäßig eine Gruppe renommierter Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sowie aktive und ehemalige Bundestagsabgeordnete aus den Parteien der Großen Koalition.
Die Kolpingjugend beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Zukunftsfähigkeit des deutschen Rentensystems, sowohl in der AG heute für morgen als auch auf mehreren Bundeskonferenzen. Denn die Entscheidungen, die heute in der Politik getroffen werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die Rente von morgen. Hierzu suchen Aktive der Kolpingjugend immer wieder Austausch mit Entscheidungsträger*innen aus der Politik. So waren Mitglieder der AG Heute für Morgen an einem von der Rentenkommission organisierten „Generationendialog“ im September 2018 beteiligt, um die Ideen der Kolpingjugend für ein nachhaltiges Rentensystem zu diskutieren.
Kleine Schritte, aber kein großer Wurf
Einige Punkte sind aus Sicht der Kolpingjugend begrüßenswert. Dazu gehört das klare Bekenntnis der Kommission zur gesetzlichen Rentenversicherung als Kern unseres Rentensystems. Auch der Vorschlag, neben den beiden sogenannten Haltelinien – Sicherungsniveau und Beitragssatz – zwei weitere Kenngrößen für die Überprüfung der aktuellen Rentensituation einzuführen, klingt sinnvoll.
Ein Großteil der von der Kommission vorgeschlagenen Ideen greift jedoch viel zu kurz. Aus Sicht der Kolpingjugend wurden zu wenige Überlegungen zu grundlegenden und nachhaltigen Veränderungen in den Blick genommen. So wurde die von der Kolpingjugend eingebrachte Idee eines garantierten Alterseinkommens nicht aufgegriffen. Die Kolpingjugend fordert seit 2017 eine Form der steuerfinanzierten Grundrente, bei der es ein festes Alterseinkommen gibt, auf welchem weitere Anwartschaften aufbauen. Obwohl solche und ähnliche Ideen beim Treffen mit Jugend- und Seniorenverbänden beim Generationendialog eine große Rolle spielten, finden sie im Abschlussbericht der Kommission keinerlei Erwähnung.
„Insgesamt finden sich leider kaum Innovationen, geschweige denn Reformansätze. Weitreichende Ideen, wie jungen Menschen ein sicheres Einkommen im Alter garantiert werden kann, finden keine Berücksichtigung. Ideen wie das von der Kolpingjugend vorgeschlagene garantierte Alterseinkommen kommen überhaupt nicht zur Sprache“, kritisiert Hans Gerhardt, Leiter der AG heute für morgen.
Ideen für die jüngere Generation fehlen
Begrüßt werden die zum Ende des Berichts vorgeschlagenen Punkte einer „individuellen säulenübergreifenden Altersvorsorgeinformation“ und eines „Gender-Checks“. Darüber hinaus fordert die Kolpingjugend einen „Jugend-Check“, der Reformen des Rentensystems mit Blick auf die Auswirkungen für die jüngeren Generationen überprüfen soll.
Insgesamt fehlt im Bericht fast durchgängig ein Blick aus junger Perspektive. Es wird viel über die aktuellen Rentner*innen und die in Kürze in Rente tretenden Baby-Boomer gesprochen, aber wenig über jüngere Generationen, die deren Rente zahlen müssen. Dies wird an keinem Punkt so deutlich, wie an der Empfehlung, den Beitragssatz zur Rentenversicherung weiter anzuheben, um das aktuelle Rentenniveau zumindest halten zu können.
„Aus Sicht junger Menschen ist vor allem ein möglicher Beitragssatz von 24 Prozent heikel. Das würde perspektivisch eine enorme Belastung für die Gehälter junger Menschen bedeuten, neben der privaten Vorsorge, an der die Kommission eindeutig festhält“, so Julia Mayerhöfer, Bundesleiterin der Kolpingjugend.
Ein Abschlussbericht ist noch lange kein Erfolg
Positiv sieht die Kolpingjugend, dass die Kommission durchaus über den „Tellerrand“ geschaut und neue Arbeitsformen in den Blick genommen hat, von denen vor allem junge Menschen betroffen sind. Ein Beispiel hierfür ist die „Plattformarbeit“. Dies verdeutlicht das Expertenwissen der Kommissionsmitglieder und die gewissenhafte Arbeit und Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten.
Bei anderen grundlegenden Ideen wie der Kopplung der Regelaltersgrenze an die steigende Lebenserwartung und die Einbeziehung weiterer Berufsgruppen, wie der Beamt*innen, lässt die Kommission jedoch Mut vermissen. Sie erfüllt ihre selbst gesteckten Ansprüche, nachhaltige und zukunftsweisende Ideen zu liefern, hierbei nicht ansatzweise.
Passend dazu schreibt der DGB in seiner Pressemitteilung vom 27. März: „Dass die Kommission trotz ihres Geburtsfehlers als fortgesetzte Koalitionsverhandlung zu einem gemeinsamen Bericht gekommen ist, ist ein Erfolg und war nicht selbstverständlich."
Das alleinige Schreiben eines Berichts schon als Erfolg zu sehen, ist aus Sicht der Kolpingjugend ein Armutszeugnis und wird dem akuten Handlungsbedarf zur Reform des Rentensystems nicht gerecht. Trotz des insgesamt enttäuschenden Abschlussberichts der Rentenkommission hoffen die in der Kolpingjugend Engagierten nach wie vor auf einen nachhaltigen Umbau des deutschen Alterssicherungssystems. Dazu wird auf die kürzlich veröffentlichte rentenpolitische Neupositionierung des Kolpingwerkes verwiesen, bei deren Entwicklung die Kolpingjugend maßgeblich mitgewirkt hat. In dem Konzept hat die Idee eines Alterseinkommens als „garantierte Alterssicherung“ Berücksichtigung gefunden.
Hierzu erläutert Thomas Öffner, auch Mitglied der AG heute für morgen: „Uns ist es wichtig, der jungen Generation wieder Vertrauen in das deutsche Rentensystem zu geben. Hierfür braucht es einen festen Betrag, auf dem eigene Rentenansprüche, egal ob aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder der privaten und betrieblichen Vorsorge, aufbauen. Wir wollen, dass die jungen Menschen mit ruhigem Gewissen aufs Alter schauen und sich sicher sein können, dass jeder hart verdiente Euro auch in der Rente seine Berücksichtigung findet. Mit den von der Rentenkommission vorgeschlagenen halbherzigen Veränderungen des aktuellen Rentensystems wird dieses nur noch intransparenter und definitiv nicht vertrauenswürdiger. Deshalb braucht es auch verständliche Lösungsansätze. Dafür treten wir als Kolpingjugend weiterhin ein.“
Weitere Informationen zu den Beschlüssen der Kolpingjugend zum Thema Rente und dem Anfang März veröffentlichten Konzept des Kolpingwerkes Deutschland sind unter den folgenden Links abrufbar: