Mindestlohn
Seit Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn. Doch warum wurde er eigentlich eingeführt? Und warum wird gerade über eine deutliche Anhebung diskutiert? In diesem Beitrag erklären wir euch, welchen Sinn ein Mindestlohn hat, weshalb er auch für Schüler*innen und Studierende wichtig und warum eine deutliche Anhebung durch die Politik unvermeidlich ist.
Was ist ein Mindestlohn?
Ein Mindestlohn ist eine gesetzlich festgelegte Lohnuntergrenze. Sie regelt, wie hoch der Stundenlohn für Beschäftigte mindestens liegen muss. Wenn ein*e Arbeitgeber*in diesen Mindestwert nicht berücksichtigt, handelt er bzw. sie in der Regel entgegen der gesetzlichen Vorgaben. Ein Mindestlohn kann regional begrenzt sein, wie zum Beispiel in den USA, wo es in den einzelnen Bundesstaaten verschiedene Niveaus gibt. Oder er kann landesweit gelten. Das ist in Deutschland der Fall.
Wie hoch ist der Mindestlohn in Deutschland?
In Deutschland liegt der gesetzliche Mindestlohn aktuell bei 9,82 Euro. Er wird regelmäßig angepasst und beträgt ab dem 1. Juli 10,45 Euro. Bei der regelmäßigen Anhebung des Mindestlohns wird hauptsächlich die Entwicklung der Tariflöhne zugrunde gelegt. Mit anderen Worten: Es wird geschaut, wie sich die Löhne entwickeln, die zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften im Rahmen von Tarifverhandlungen ausgehandelt worden sind. Die Entwicklung der Lebenshaltungskosten wird bisher kaum berücksichtigt.
Gilt der Mindestlohn auch für Minijobs?
Für geringfügige Beschäftigung, die sogenannten Minijobs, gilt der gesetzliche Mindestlohn genauso wie für alle anderen Beschäftigten auch. Das ist vor allem für Schüler*innen und Studierende relevant, da sie häufig neben Schule und Studium für einige Stunden in der Woche arbeiten. Die Minijobgrenze liegt aktuell bei 450 Euro und wird voraussichtlich auf 520 Euro angehoben.
Reicht ein Mindestlohn zum Leben aus?
Nach allgemeiner Definition schützt die bisherige Höhe des Mindestlohns selbst bei einem Vollzeitjob nicht vor Armutsgefährdung. Diese Schwelle wird erst überschritten, wenn ein Mindestlohn bei 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Das mittlere Einkommen ist ein Richtwert: 50 Prozent aller Löhne liegen in Deutschland über diesem Wert, die anderen 50 Prozent darunter. Nach Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hätte der Mindestlohn demnach im Jahr 2021 bei ziemlich genau 12 Euro pro Stunde liegen müssen.
Wer entscheidet über den Mindestlohn?
Über die Einführung des Mindestlohns hat im Jahr 2014 der Deutsche Bundestag beschlossen. Seitdem entscheidet allerdings die Mindestlohnkommission über die regelmäßige Anpassung. Die Kommission besteht aus Vertreter*innen der Tarifparteien – Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften – sowie beratend aus Wissenschaftler*innen.
Wieso soll nun der Bundestag über einen Mindestlohn von 12 Euro abstimmen?
Die Mindestlohnkommission legt bei ihrer Entscheidung über die Anhebung des Mindestlohns hauptsächlich die Lohnentwicklung zugrunde. Wenn der Mindestlohn allerdings in einem Schritt über das Niveau der Armutsgefährdung gehoben werden soll – so wie es die regierende SPD im Bundestagwahlkampf versprochen hat – braucht es eine politische Entscheidung.
Ist ein Mindestlohn alternativlos?
In gewisser Hinsicht ist ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn ein notwendiges Übel. Seine Einführung war in Deutschland dringend erforderlich geworden, weil in einigen Branchen – vor allem in der Gastronomie und im Einzelhandel – zu niedrige Löhne gezahlt wurden. Es gibt aber auch einige Hochlohnländer, in denen bis heute kein Mindestlohn eingeführt wurde, weil so gut wie alle Beschäftigten in tariflich abgesicherten Arbeitsverhältnissen tätig sind. Das ist zum Beispiel in Schweden und Österreich so, wo fast jede*r Arbeitnehmer*in einen Lohn erhält, der in der Regel deutlich über der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Deutschland ist von diesem Zustand noch weit entfernt. Hier profitiert nur jede*r zweite Arbeitnehmer*in von einem Tarifvertrag.
Dies ist ein Gastbeitrag von Alexander Suchomsky, Referent für Arbeit und Soziales beim Kolpingwerk Deutschland.
Bild: Mathieu Stern/unsplash