Tarifpartnerschaft
Häufig fallen in den Medien Begriffe wie Tarifautonomie, Tarifpartner oder Tarifvertrag. Selten erschließt sich einem aber die Bedeutung dahinter. Denn anders als man auf den ersten Blick denkt, geht es dabei weder um Zölle noch um Handyverträge. In diesem Beitrag erklären wir euch, welchen Sinn die Tarifpartnerschaft hat und warum sie auch für junge Menschen wichtig ist.
Was steckt hinter der Tarifpartnerschaft?
Die Tarifpartnerschaft ist ein fester Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft und meint das "Miteinander" von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen. Dank der sogenannten Tarifautonomie ist es so, dass sich in vielen Branchen Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften an einen Tisch setzen, um einen Tarifvertrag auszuhandeln. In einem solchen Tarifvertrag werden viele Fragen verbindlich festgelegt, die die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten betreffen. Wenn ein Tarifvertrag für eine ganze Branche ausgehandelt wird, spricht man von einem Flächentarifvertrag. Es gibt aber auch andere Varianten, wie zum Beispiel Haustarifverträge, die innerhalb eines Unternehmens ausgehandelt werden und nur für diesen Betrieb gelten.
Was steht denn konkret in einem Tarifvertrag?
Das Wichtigste, was in der Regel in einem Tarifvertrag vereinbart wird, ist die Vergütung. So wird konkret festgehalten, welches Gehalt Beschäftigte für eine bestimmte Tätigkeit ihrer Qualifikation entsprechend erhalten. Damit wird ein Stück weit Leistungsgerechtigkeit innerhalb einer Branche bzw. innerhalb eines Unternehmens hergestellt. Daneben werden auch Regelungen zu den Urlaubstagen und Sonderzahlungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, getroffen. Schon diese „harten“ Regelungen tragen häufig zu hoher Mitarbeitendenzufriedenheit und einem guten Betriebsklima bei.
Profitieren alle Beschäftigten in Deutschland von der Tarifpartnerschaft?
Nur etwa die Hälfte aller abhängig Beschäftigten befindet sich in einem Arbeitsverhältnis, das tariflich geregelt ist. Das heißt im Umkehrschluss: Viele Millionen Beschäftigte arbeiten in Branchen und Unternehmen, in denen es keinen Tarifvertrag gibt. Das heißt aber nicht, dass sie automatisch schlecht bezahlt werden und generell schlechte Arbeitsbedingungen vorfinden. Für sie gelten mindestens die gesetzlichen Mindestvorgaben für Gehalt, Urlaubstage und Sonstiges.
Also kann man auch ohne Tarifvertrag gut verdienen?
Es hängt vor allem vom eigenen Berufsstand, aber auch von der Branche ab. So gibt es zum Beispiel in der Gastronomie und im Einzelhandel einen großen Niedriglohnbereich. Viele Beschäftigte arbeiten dort zum Mindestlohn von aktuell 9,82 Euro pro Stunde oder nur knapp darüber. Generell gilt: Unabhängig von der Branche verdienen Menschen, die einen Tarifvertrag haben, fast 20 Prozent mehr im Monat. Sie bekommen in der Regel Urlaubs- und Weihnachtgeld. Nicht selten gehört auch eine betriebliche Altersversorgung für alle Beschäftigten zum Standard. In vielen Branchen ohne Tarifvertrag kann man von solchen Bedingungen nur träumen.
Stimmt es, dass die Tarifpartnerschaft in der Krise steckt?
Richtig ist, dass sich die Tarifbindung in Deutschland schon lange auf dem Rückzug befindet. Während vor 20 Jahren fast drei Viertel aller Beschäftigten in einem tariflich geregelten Arbeitsverhältnis standen, sind es heute nur noch knapp 50 Prozent. Manche Unternehmen haben sich aus dem Tarifsystem herausgezogen, indem sie zum Beispiel Unternehmensteile ausgegliedert haben. Neu entstandene Unternehmen, vor allem auch im Bereich der Informationstechnologien haben erst gar keinen Tarifvertrag eingeführt.
Was kann man gegen die sinkende Tarifbindung tun?
Hier kommen die Beschäftigten ins Spiel: Idealerweise sollten sich Mitarbeitende damit beschäftigen, ob es im Betrieb einen Tarifvertrag gibt. Wenn dem nicht so ist, sollte man sich mit seinen Kolleg*innen austauschen, über die Gründung eines Betriebsrates nachdenken – wenn es diesen noch nicht gibt – und sich dann mit einer Gewerkschaft in Verbindung setzen. Diese kann mit Rat und Tat zur Seite stehen, ob es Sinn macht, für einen Tarifvertrag einzustehen und wie man als Mitarbeitende den Standpunkt gegenüber der Unternehmensführung klar machen kann.
Dies ist ein Gastbeitrag von Alexander Suchomsky, Referent für Arbeit und Soziales beim Kolpingwerk Deutschland.